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Interview Isabel Waltsgott

Hallo, liebe Isabel, schön, dass Du Zeit gefunden hast, um uns einige Fragen zu beantworten.

Du spielst im Musical KU'DAMM 56 am Berliner Theater des Westens die Rolle der Eva Schöllack. Was verbindet Dich persönlich mit dieser Figur? Habt ihr Gemeinsamkeiten oder seid ihr komplett verschieden?

Ich glaube, mich verbindet mit Eva schon einiges. Wir haben beide feste Lebensvorstellungen, auch wenn diese verschieden sind. Wir sind beide selbstbewusst, aber andererseits auch etwas naiv. Ich war schon immer ein Mensch, der vor allem an das Gute in allen Dingen geglaubt hat und war daher manchmal blauäugig, besonders als ich noch etwas jünger war. Das hat sich mit der Zeit natürlich etwas geändert, aber ich bin auch heute noch ein Mensch, der erst einmal das Positive und Gute sieht.

KU'DAMM 56 spielt in einer Zeit, als Du noch gar nicht geboren warst. Hättest Du gerne in dieser Zeit gelebt?

Nein, ich glaube nicht, ich bin ja ganz anders groß geworden und würde diese strikten Vorstellungen nicht erfüllen wollen. Trotzdem: Ich wünschte, ich könnte mal für einen Tag zurück gehen in der Geschichte, um am eigenen Leib zu erfahren, wie diese interessanten Zeiten damals waren. Aber dauerhaft dort zu leben, wäre für mich nicht denkbar. Es wäre mir schlicht zu langweilig, nur als Ehefrau und Mutter funktionieren zu müssen und nicht als Frau mit eigenen Interessen, Bedürfnissen und Zielen sein zu können.



Die Musikrichtung in der Zeit ist auch eine andere als die, in der Du groß geworden bist. Hat Dich diese Musik und speziell der Rock ’n’ Roll schon vorher begeistert, oder bist Du erst durch das Engagement im Musical auf diese Musik gestoßen?

Ich mochte diese Musik schon vorher, Elvis Presley und andere Künstler seiner Zeit. Ich bin auch schon immer begeistert gewesen von GREASE oder heutigen Sängern, die Einflüsse der 50er in ihrer Musik haben. Eher kein Fan bin ich von der Musikrichtung der 70er und 80er-Jahre. Das ist nicht so mein Geschmack.

Hättest Du Dich nicht für eine Rolle in Ku'damm 56 beworben, wenn dort die 70er und 80er präsent wären?

Das würde ich so nicht sagen. Natürlich sind Musicals mit dieser Art von Musik nicht meine erste Wahl, aber wenn das Stück gut ist, die Rolle mich interessiert und alles andere stimmt, dann käme es auf jeden Fall in Frage für mich.

Die Figur der Eva Schöllack ist ja, wie wir schon festgestellt haben, die der naiven jungen Frau. Sie arbeitet als Krankenschwester in einer psychiatrischen Klinik. Eva versucht auf eine charmante und liebenswürdige Art den Wünschen ihrer Mutter nach einer standesgemäßen und lukrativen Heirat nachzukommen. Wie findest Du diese Haltung von Eva? Kannst Du ihre Handlungsweisen verstehen? Sie lässt ja sogar ihre vermeintlich große Liebe Rudi dafür fallen.

Natürlich kann ich Eva total verstehen. Es ist nun mal eine Frage der Prioritätensetzung. Und während heute für viele Menschen die Liebe die erste Priorität ist, ist es für Eva - auch geprägt durch diese Zeit - einfach komplizierte: Sie hat auch Gefühle für den Professor und darüber hinaus spielt sicher ein gewisser Vaterkomplex mit hinein. Evas Vater gilt ja seit dem Krieg als vermisst und sie hat einiges zu kompensieren. Sie ist noch jung und hat sehr naive Vorstellungen davon, wie Liebe sein muss.

Wie schwer ist es, sich als junge, selbstbewusste und emanzipierte Frau in diese Rolle zu schlüpfen? War es schwer für Dich, sich in Eva und ihre Gefühlswelt hineinzuversetzen und zu verstehen, warum sie so handelt?

Für mich war es nicht sonderlich schwer, mich in diese Rolle hineinzuversetzen. Als Schauspieler*innen müssen wir ja im besonderen Maße emphatisch sein und uns ständig in unter Umständen sehr komplizierte fiktive Charaktere hineinversetzen können. Da ist Eva tatsächlich eine Rolle, die sehr nah an mir und meiner Gefühlswelt lag. Hätte ich in dieser Zeit gelebt, wäre ich Eva bestimmt gar nicht so unähnlich gewesen. Das habe ich beim ersten Lesen der Rollenbeschreibung schon gedacht und mich bewusst damals nur auf Eva beworben, als die Castings stattgefunden haben. Das war auf eine Art ein Risiko, aber ich dachte mir damals: Entweder ich bekomme Eva, oder gar nichts. Und es hat tatsächlich funktioniert. Da war ich sehr glücklich. Ich habe mir die Serie absichtlich nicht angesehen vor der Audition, damit ich nicht versuche, irgendetwas zu imitieren, was ich nicht bin. Ich wollte meine eigene Version und Vorstellung von Eva zeigen.

Inzwischen haben meine Großeltern die Show gesehen und ich habe mit ihnen danach ein wenig über die Zeit damals gesprochen. Gerade die Rock’n’Roll Nummern ‘Mutter Brause’ und ‘Heute Nacht’ haben sie besonders gemocht, weil die Erinnerungen an die Zeit damals hochgekommen sind, als diese Art von Musik noch neu, modern und rebellisch war.

Warum war für Dich Eva die angestrebte Rolle?

Weil sie von allen Rollen im Stück am besten zu mir passt. Vom Typ und auch vom Stimmfach. Ich wusste, dass meine Chancen am größten sind, wenn ich mich für Eva bewerbe. Außerdem ist es für mich eine Traumrolle. Ich darf zwei grundverschiedene Songs singen. Einen energiegeladenen, spaßigen Song und einen ernsten, emotionalen Song. Es gibt eine interessante Entwicklung, wenn auch nicht zum Positiven. Die Rolle ist schauspielerisch, gesanglich und tänzerisch eine Herausforderung und es macht jeden Abend neu Spaß, Eva zum Leben zu erwecken.


KU'DAMM 56 feiert in Berlin einen großen Erfolg und es wurde erst vor Kurzem bis September verlängert, sehr zur Freude der Zuschauer. Wirst Du bis zum Schluss hier in Berlin dabei sein?

Ja, ich bleibe dabei und freue mich sehr, noch weitere Zeit in dieser tollen Produktion verbringen zu können.


KU'DAMM 56 spielt 8 Mal die Woche an 6 Tagen und ist ziemlich energiegeladen. Viele Tanzszenen, viel Action auf der Bühne und ihr spielt auf zwei Ebenen. Wie anstrengend ist das und wie hält man sich dafür fit?

Ganz ehrlich, ich habe anfangs unterschätzt, wie anstrengend eine First Cast Rolle in diesem Fall ist. Es geht ja nicht nur um die körperliche Fitness. Vor allem an den Doppelshowtagen und zum Ende der Woche merkt man schon, wie ermüdend es für die Stimme ist. Ich singe mich jeden Tag vor der Show ein, um auf der Bühne immer super zu klingen. An manchen Tagen hat man das Gefühl, dass die Stimme gar nicht richtig wach wird. Ich habe vorher noch nie eine Rolle gespielt, die gesanglich eine solche Herausforderung war, und dann auch noch acht Mal die Woche. Das ist nicht einfach. Dazu kommt, dass ich regelmäßig zum Ballett und Tanztraining gehe, um auch körperlich fit zu bleiben. Ich merke, dass mir das sehr guttut und mich stärker und ausdauernder macht.


Viele denken ja, dass Euer Job recht „easy“ ist. Am Abend für 3 h auf die Bühne und das war es dann. Dass dem ganz und gar nicht der Fall ist, hast Du uns ja bereits bestätigt. Gibt es feste Rituale oder einen festen Tagesplan, um diesen doch anstrengenden Job durchzustehen?

Mein Tag beginnt, wenn es mir gut geht und ich motiviert bin, um 08:30 Uhr am Morgen. Um 10 Uhr geht es zum Balletttraining. Nach dem Mittagessen werden meist noch ein paar notwendige private Dinge erledigt. Gegen 15 oder 16 Uhr komme ich ins Theater, um mit den Showvorbereitungen zu starten: Einsingen, Stretching und Schminken. Bei KU'DAMM 56 schminken wir uns selbst. Dann geht es zum ‚Fightcall‘ mit der kompletten Cast und es gibt noch mal eine Verständigung oder kleine Proben - dann startet auch schon die Show. Nach der Vorstellung, gegen 22:30 Uhr, versuche ich, möglichst schnell nach Hause zu kommen. Man ist dann schon recht geschafft und sehnt sich nach seinem Bett. Aber es macht Spaß und wenn man bei der Zugabe in die lachenden und bewegten Gesichter im Publikum sieht, weiß man, warum man das macht, und dass das der schönste Job der Welt ist für uns.

Zeit für private Vergnügungen bleibt da aber keine?

Unter der Woche eher selten, meist dann am Sonntag nach der Show, gibt es dazu Gelegenheit, da am Montag spielfrei ist.


Liebe Isabel vielen Dank, dass Du unseren Lesern einen Einblick in den Alltag einer Musicaldarstellerin gegeben hast und Du die Zeit für die Beantwortung der Fragen gefunden hast.
Wir wünschen Dir und der Produktion noch viele wunderbare KU'DAMM 56 Abende und freuen uns, Dich als Eva zu erleben.


Interview Isabel Waltsgott

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