Vom 22. 09.2023 bis zum 19.11.2023 werden in der Komödie im Marquardt in Stuttgart Wunder wahr.
DAS FRÄULEIN WUNDER begeistert sein Publikum mit jeder Menge Humor, tollen Songs und einer so spielfreudigen Cast, wie wir es lange nicht mehr erleben durften.
Regisseur und Autor Murat Yeginer ist mit dieser Inszenierung wirklich ein kleines Wunder gelungen. Eine wunderbare musikalische Komödie, die durch ihre punktuelle Komik nicht ins Lächerliche verfällt und einen garantierten Abendspaß verspricht.
Drei starke Frauen auf ihrem Weg nach ganz oben
Drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Rosa (Sorina Kiefer), Käthe (Amelie Sturm) und Hilde (Diana Gantner) nehmen ihren Traum, dem klischeehaften Frauenrollenbild von Herd, Mann und Kind zu entkommen, in die eigene Hand und starten mit viel Schwung und ihren Träumen in ein fantastisches Abenteuer, das den Zuschauern jede Menge Lacher beschert.
Als dann noch Militärpfarrer Willy (Martin Mulders) ins Spiel kommt, gibt es in puncto Komik kein Halten mehr.
Mit einem kräftigen Augenzwinkern werden die Rollenprofile von Frau und Mann in der Nachkriegszeit aufs Korn genommen.
Wunderbar die Idee, das ganze direkt im Stuttgart der 50er-Jahre spielen zu lassen. Durch den geschickten Einsatz von viel Lokalkolorit fühlt sich das überwiegend Stuttgarter Publikum direkt angesprochen.
Wir haben einen Abend in der Komödie im Marquardt erlebt, der vom ersten bis zum letzten Ton kein Auge trocken ließen.
Bereits der Beginn der Show und der Auftritt der Damen, die zum Vorsingen für die zu gründende Damenband erscheinen, sprüht vor Komik. Es wurde aber auch schnell klar, dass hier durchweg Darsteller-Innen mit brillanten Stimmen auf der Bühne stehen.
Eine adlige Schneiderin
Als erste erscheint Käthe, eine vermeintlich Adlige mit einer gut ausgebildeten Opernstimme. Das ihre wahre Identität Schneiderin ist, soll der Damenband später noch sehr hilfreich sein. Amelie Sturm ist perfekt in Ihrer Rolle. Man nimmt ihr die adlige Herkunft ab und auch ihre Liebe zu Schubert und dem Opernfach. Das allerdings viel mehr hinter Käthes Vorsingen steckt, wird erst später klar. Amelie Sturm hat Käthe wundervoll Leben eingehaucht und das Publikum durch ihre stimmliche Präsenz und ihr darstellerisches Können schnell für sich eingenommen.
Aus dem Kuhstall auf die Bühne
Die zweite im Bunde, Hilde, gespielt von Diana Ganter. Bei ihren Auftritten bleibt einem nichts anderes übrig, als sich zu amüsieren. Die jodelnde Hilde ist ein Einzelstück. Diana Ganter zeigt ihr komödiantisches und stimmliches Talent perfekt.
Wenn ihre Hilde die Bühne betritt, ist klar, der nächste Angriff auf die Lachmuskeln der Zuschauer ist nicht weit entfernt. Wie auch die anderen Damen hat Hilde Träume und Ziele. Allerdings ist Hilde diejenige, die deren Umsetzung konsequent verfolgt. Neben der Gesangskarriere muss auch noch ein Mann her, auch wenn dafür aus dem Organisator des Wettbewerbes John McGintley kurzerhand ein Mark Günther wird.
Englisch ist halt nicht Hildes Stärke. Braucht man im Kuhstall ja auch nicht. Diana Ganter zeigt Hildes Unbedarftheit wundervoll in all ihren Facetten.
Vom Klassenzimmer nach Amerika
Rosa ist eigentlich Deutschlehrerin mit dem Anspruch, das nicht bleiben zu wollen. Sie will die Welt sehen und erobern. Sorina Kiefer gibt der nach außen wirkenden taffen und etwas burschikosen Rosa wunderbar Raum und Präsenz. Sorina Kiefers, Rosa ist überzeugend, sie zeigt die Stärke des Charakters, aber auch deren Verletzlichkeit. Sehr überzeugend Sorina Kiefers Stimme. Für eine hervorragende Sängerin sicher nicht einfach, eine unsichere und stimmlich nicht perfekte Präsenz auf der Bühne zu präsentieren, wenn man es eigentlich super kann.
Rosas Defizit gefährdet den Erfolg der Band, die sich nun “Stuttgarter Schlossplatz-Spatzen” nennt. Da aufgeben für die drei keine Option darstellt, kommt den Damen eine geniale Idee, als der Militärpfarrer William Abernathy (Martin Mulders) ins Spiel kommt.
Wenn es bisher im Stück wirklich komisch und unterhaltsam zuging, wird es jetzt urkomisch und der Unterhaltungsfaktor legte nochmals zu.
Der niederländische Countertenor Martin Mulders ist eine wirklich exzellente Besetzung. Als er widerwillig zum „GERMAN FROLLEIN“ avanciert, ist wohl auch der allerletzte Zuschauer einem Lachflash erlegen. Professionell und überzeugend gelingt ihm der schmale Grat den diese Art von Situationskomik verlangt. Zu keiner Zeit ist seine Performance in Klamauk abgeschweift.
Chapeau für diese gekonnte Leistung.
Gesanglich ist Wally, wie sich William nun nennt, für uns der beeindruckendste der “Stuttgarter Schlossplatz-Spatzen”.
Stimmlich und darstellerisch ist Martin Mulders der absolute Glücksgriff für diese Rolle.
Der Einsatz seiner engelsgleichen Coutertenorstimmlage hat die Rolle vollendet und absolut rund gemacht. So manch eine Frau im Publikum hat bestimmt mit Neid auf das GERMAN FRÄULEIN geschaut.
Das Ganze wird verbunden durch tolle, bekannte und eingängige Songs, wie z. B. „Bei mir bistu scheyn“, „It Don’t Mean A Thing (If It Ain’t Got That Swing“), „Cheek To Cheek”, „Sing Sing Sing Sing”. Alles große Hits der Swing-Ära, die absolutes Ohrwurm Potenzial haben.
Auch choreografisch können die “Stuttgarter Schlossplatz-Spatzen” letztendlich überzeugen und legen die ein oder andere “kesse Sohle“ aufs Parkett.
Bei all den genialen Einzelheiten des Stückes fällt es nicht ins Gewicht, das die Musik aus der Konserve kommt.
Nicht unerwähnt möchten wir Benjamin Hille als John McGintley und Christian Werner, seines Zeichens Ehemann von Käthe lassen. Beide Herren haben zwar nur kurze punktuelle Bühnenzeit, aber die hat es dann in sich. Beide sind uns ans Herz gewachsen und gehören einfach zu den Damen dazu.
Ob sich die Träume und Wünsche der Damen erfüllen und ob und wie die wahre Liebe für jede einzelne zuschlägt, sei hier nicht verraten, auch nicht, ob zu guter Letzt aus Wally wieder William wird und was es denn nun mit Mark Günter auf sich hat.
Wer die Gelegenheit hat, sollte sich in jedem Fall einen Abend in der Stuttgarter Komödie im Marquardt gönnen und dort ein unbeschwertes und gekonnt inszeniertes Showstück genießen. Wir müssen allerdings nochmals vor Muskelkater in der Bauchgegend und einem Ohrwurmphänomen warnen.
Die Stuttgarter Inszenierung zeigt das wundervoll überzeugendes Theater und Musical möglich ist, ohne das es einer Cast von 50 Leuten /aufwändigem Bühnen- und Technikequipment bedarf. Die 7 - köpfige Cast strahlte Harmonie aus und zeigte eine Präsenz und Spielfreude, die ihres gleichen sucht. Darstellerisch und stimmlich ein Abend, der uns noch lange in fantastischer Erinnerung bleiben wird.
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