THE ADDAMS FAMILY
- Ines Marquardt
- 23. Juni
- 6 Min. Lesezeit

Am vergangenen Wochenende wurde es in Magdeburg skurril dunkel und aberwitzig, als das Musical THE ADDAMS FAMILY beim DomplatzOpenAir in Magdeburg seine mit Spannung erwartete düstere-satirische Premiere feierte. Eine Geschichte, die Generationen kennen und miteinander verbindet.
Das Stück entführt die Zuschauer in die skurrile, dunkle, aber liebevolle Welt der berühmten Familie Addams und bietet eine total gelungene Mischung aus Humor, Grusel und Herz.
Auf den ersten Blick und genauer betrachtet
Das Magdeburger DomOpenAir überzeugt seit Jahren mit genialen Inszenierungen und spektakulären Bühnenbildern. Auch in diesem Jahr wird der Zuschauer sofort beim ersten Blick auf die Bühne mitten ins Geschehen gezogen und hat eine bereits eine Ahnung, was ihn erwarten wird. Das Bühnenbild fügt sich in diesem Jahr perfekt vor den Hintergrund des Magdeburger Doms. Farblich angepasst an den Dom ist ein aufwendiges Bühnenbild, welches den Familienfriedhof und das Anwesen der ADDAMS darstellt, entstanden. Durch verschiebbare Elemente, drehbare Kulissen, special Effekte und eine ausgeklügelte Lichtstimmung entstehen dann im Laufe des Abends beeindruckende Stimmungen und überraschende Handlungsmomente. Wer sich etwas Zeit nimmt und genauer hinschaut, wird immerzu Neues entdecken, von düster, charmant, skurril bis wirklich witzig ist dort alles zu finden.
Genauso stellt man sich wohl das Heim der ADDAMS FAMILY vor.
Neue Wege beim Bühnenoutfit der ADDAMS FAMILY in Magdeburg
Die Kostüme von Linda Schnabel sind detailreich und teilweise sehr aufwendig.
Wer die Addams Family kennt, ist es vor allem gewohnt, Morticia und Wednesday in ihren klassischen, prägenden Outfits zu sehen. Man hat da eine klare und eindeutige Vorstellung.
In Magdeburg wurde jedoch ein mutiger Schritt gewagt, um neue Wege zu gehen. Für Fans der Addams Family sind die neuen Kostüme sicherlich gewöhnungsbedürftig.
Wednesday trägt zudem neben den fehlenden langen schwarzen Zöpfen auch eine weiße Strähne im wallenden Haar, was sie nach unserem Empfinden älter wirken ließ und ihre dunkle Seite nicht wirklich unterstrichen hat. Auch Morticia wurde mit lockigem, schulterlangem Haar versehen, wodurch die typische Strenge, die den äußeren Charakter bisher ausgemacht hat, genommen wurde. Als Morticia, die bekannterweise keine andere Farbe als schwarz akzeptiert, im beigefarbenen Jumpsuit den Song "Der Tod steht um die Ecke" performend, war für uns die Überzeugung verloren. Zumal ihre Aussage im 1. Akt "Helle Farben sind für Menschen, die kein Seelenleben haben und keine Vorstellungskraft", dem widerspricht.
Die neuen Outfits und Frisuren verleihen den Figuren eine andere Ausstrahlung und sorgen sicherlich für eine frische Interpretation, die aber polarisieren kann. Es wird spannend sein, zu sehen, wie die bekannten Charaktere in diesem neuen Look auf der Bühne ankommen werden! Für uns ist bei diesen beiden Figuren der einzigartige Charakter dadurch verloren gegangen.
Dieser kleine und einzige Kritikpunkt von unserer Seite hat allerdings die schauspielerische Leistung der Darsteller, die mit viel Können, Energie und Spielfreude die bekannten Figuren zum Leben erweckten, keineswegs beeinträchtigt.
Die Familie Addams mit Überzeugung, Liebe zum Detail und schaurig schönen Interpretationen

Besonders hervorzuheben, Morticia Addams, gespielt von Bettina Mönch. Sie überzeugte durch eine stimmliche und darstellerische Leistung und machte voll und ganz klar, wer im Hause Addams das eigentliche Sagen hat. Ihre Präsenz auf der Bühne war beeindruckend und trug maßgeblich zum Gelingen der Inszenierung bei.
Enrico De Pieri als Gomez Addams überzeugte durch seine brillante Darstellung. Als Vater und Ehemann zwischen den Fronten zeigte er viel Witz, Charme und darstellerischen Glanz. Seine Versuche, die Familientraditionen zu wahren und gleichzeitig allen gerecht zu werden, brachte er mit viel Humor und Präsenz auf die Bühne.

Sandra Leitner als Wednesday Addams hat uns stimmlich vollends überzeugt. Allerdings hatten wir uns Wednesday etwas düsterer und unangepasster vorgestellt. Manchmal wirkte sie uns etwas zu lieb und angepasst, was dem Charakter vielleicht nicht ganz gerecht wurde.

Pugsley, gespielt von Luisa Meloni, war ebenfalls ein Highlight. Mit ihrer darstellerischen und stimmlichen Leistung hat sie den kleinen Bruder der Familie lebendig werden lassen.
Besonders ihre ausdrucksstarke Gesichtsmimik und humorvollen Einlagen brachten viel Spaß und Originalität in die Aufführung.
Ein Onkel mit Herz und ganz viel Liebe
Für uns war Onkel Fester, gespielt von Mathias Schlung, das Herzstück des Stücks. Seine Darstellung des geschlechtlich nicht eindeutigen Onkels der Familie Addams war voller Liebe, Herz und darstellerischem Können. Mathias Schlung hat es geschafft, den Charakter mit viel Wärme und Authentizität zum Leben zu erwecken.

Onkel Fester, der den Mond liebt und fest an die Macht der Liebe glaubt, ist der „gute Geist“ und sicherlich die wohl normalste Person dieser skurrilen Familie. Seine Interaktionen auf der Bühne haben beim Publikum sofort das Gefühl vermittelt, ihn einfach ins Herz zu schließen. Mit seiner positiven Ausstrahlung bringt er eine Portion Normalität und Güte in die düstere, schräge Welt der Addams.
Man fiebert während des gesamten Stücks mit ihm mit, in der Hoffnung, dass er seine Liebe erfüllen kann. Seine herzliche Art und seine optimistische Einstellung machen ihn zu einem unvergesslichen Charakter, der das Publikum tief berührt.
Lurch, der stumme schräge Butler
Ein besonderes Highlight war für uns Lurch, gespielt von Matthias Knaab, der ominöse Butler der Familie Addams. Dieser Charakter hat keinen Text, aber seine Präsenz und seine Interaktionen auf der Bühne sind einfach beeindruckend. Matthias Knaab hat es auf geniale Weise geschafft, Lurch zum Leben zu erwecken und das Publikum immer wieder zu begeistern.
Was Lurch so einzigartig macht, ist seine Bewegung auf Rollerblades, die er gekonnt und durch das ganze Stück akrobatisch beherrscht. Er ist fast immer auf der Bühne oder im Hintergrund in Aktion, was den Zuschauer immer wieder zum Staunen bringt. Es hat uns sehr viel Spaß gemacht, ihn abseits der eigentlichen Handlung zu beobachten und seine beeindruckenden, teils wirklich akrobatischen Leistungen auf den Rollerblades zu bewundern.
Besonders am Ende des Stücks überrascht Lurch noch einmal, was den Auftritt perfekt abrundet.
Chapau!
Eine schräge, aber liebenswerte Grandma
Zu jeder guten Familie gehört eine Grandma, und bei den Addams ist das natürlich keine Ausnahme. April Hailer hat uns mit ihrer Darstellung der Grandma, die ein schräger, ungewöhnlicher Charakter ist und ein eigenwilliges Haustier – eine überdimensionale Spinne – besitzt sehr beeindruckt.
Sie bringt mit ihrer darstellerischen Leistung viel Charme und Überzeugungskraft auf die Bühne.
Obwohl auch sie ein skurriler, schräger Charakter ist, hat auch die Grandma der Addams ein Herz und sorgt sich liebevoll um das Wohl ihrer Enkelkinder. Sie ist ein liebenswerter, schräger Charakter, der das Herz am rechten Fleck hat.
Diese Beinekes - Normal? Nein!
Dann gibt es noch die „Normalen“ in diesem Stück, die Beinekes: Alice (Veronika Hörmann), Mal (Fehmi Göklü) und Lucas (Lukas Witzel).
Diese Familie wirkt zunächst sehr normal, wenn auch spießig und traditionell. Sie sind seit ewigen Zeiten verheiratet und wollen die zukünftigen Schwiegereltern ihres Sohnes Lukas kennenlernen. Das dies nicht ohne Zwischenfälle abläuft, ist bei der dunklen, düsteren Addams-Familie natürlich vorprogrammiert.
Veronika Hörmann als Alice Beineke hat uns besonders beeindruckt. Sie überzeugt sowohl stimmlich als auch darstellerisch und ist ein echter Höhepunkt der Show. Besonders in der alles entscheidenden Szene „Dem Spiel“ zeigt sie ihr Können und sorgte für tosenden Szenenapplaus beim Publikum.
Lukas Witzel als Lukas Beineke, ein Nerd, der von der Liebe zu Wednesday geblendet ist, versucht alles, um die zunehmend verfahrene Situation zu retten und zum Guten zu wenden. Er hat den Charakter überzeugend in allen Bereichen dargestellt und durch Situationskomik viele wunderbare Momente beschert.
Fehmi Göklü hat es großartig geschafft, dem Charakter Mal Beineke eine überzeugende Plattform im Stück zu geben. Seine Darstellung zeigt eine beeindruckende Wandlung: vom spießigen Normalbürger zurück zu dem Mal, in den sich Alice einst verliebte. Diese Rückkehr zum Herz und zu den ursprünglichen Werten macht ihn besonders sympathisch und authentisch.Seine Entwicklung und seine Darbietung tragen wesentlich zum emotionalen Gehalt des Stücks bei und runden die Geschichte wunderbar ab.
Schrecklich , skurrile nette Familien
Am Ende möchte man alle Charaktere am liebsten in den Arm nehmen und in die eigene Familie aufnehmen. Irgendwie sind sie doch alle irgendwie, einzigartig und somit liebenswert.
Live Musik - in guter Qualität
Das Orchester sorgte für eine mitreißende musikalische Begleitung, die die emotionalen Momente ebenso wie die humorvollen Szenen gekonnt untermalte. Die bekannten Songs wurden mit frischem Schwung präsentiert.
Das Publikum zeigte sich begeistert und belohnte die Darsteller mit lang anhaltenden Applaus. Die Premiere war ein voller Erfolg und verspricht eine spannende Spielzeit, die Fans des Musicals und Neueinsteiger gleichermaßen begeistern wird.

Am Ende stellte sich die eine Frage:
Ist nicht jede Familie irgendwie wie die Addams und die Beinekes?
Insgesamt war die Premiere des Addams Family beim DomOpenAir in Magdeburg ein durchweg gelungener Abend voller Spaß, Spannung und ein bisschen Grusel – perfekt für alle, die das Ungewöhnliche und Skurrile lieben und einen fantastischen Abend erleben möchten!
all Fotos © Andreas Lander
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